Verfassungswidrigkeit der Altersgrenze von 70 Jahren nach § 47 Nr 2 Var 1, § 48a BNotO, soweit Anwaltsnotariat betroffen ist - Altersgrenze unter gegebenen Umständen nicht mehr angemessen und damit unverhältnismäßig - Unvereinbarkeit mit Art 12 Abs 1 GG - Fortgeltung bis
Leitsatz
1. Die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG hat eine wirtschaftliche und eine auf die Entfaltung der Persönlichkeit bezogene Dimension. Sie konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung sowie der Existenzgestaltung und -erhaltung und zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab.
2. Die Altersgrenze des vollendeten siebzigsten Lebensjahres nach § 47 Nr. 2 Variante 1, § 48a BNotO erreicht die mit ihr verfolgten legitimen Ziele - die Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit der vorsorgenden Rechtspflege sowie einer (gerechten) Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen und den Schutz der Rechtspflege vor Gefahren durch eine altersbedingt nachlassende Leistungsfähigkeit von Notaren - infolge eines nachhaltigen Bewerbermangels im Anwaltsnotariat und der heutigen Erkenntnisse zur Bedeutung des Alters für die Berufstüchtigkeit nur noch zu einem geringen Grad und schränkt die Berufsfreiheit unverhältnismäßig ein, soweit sie das Anwaltsnotariat betrifft.
Fundstelle(n): NJW 2025 S. 20 Nr. 41 NJW 2025 S. 3469 Nr. 48 NJW 2025 S. 3484 Nr. 48 WM 2025 S. 1944 Nr. 43 ZIP 2025 S. 2440 Nr. 40 ZIP 2025 S. 2679 Nr. 44 ZIP 2025 S. 2680 Nr. 44 ZIP 2025 S. 4 Nr. 39 QAAAK-00394